Zukunft und Rolle des HRM, Employer Branding, Remote Work, Lohntransparenz, Generationen
Die vergangene Woche stand für mich vor allem im Zeichen des Fachkräftemangels. An verschiedenen Veranstaltungen wurde diskutiert, wie wir mit dem Mangel an qualifizierten Fachkräften in immer mehr Branchen und Sektoren umgehen können. Es wird immer klarer, was es bedeutet, dass sich die Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt von den Arbeitgebern zu den Arbeitnehmern verschoben haben. Eigentlich müssten wir über einen Namenstausch nachdenken: Arbeitnehmer werden Arbeitgeber, weil sie Arbeit geben, und Arbeitgeber werden Arbeitnehmer, weil sie die Arbeit ihrer Angestellten annehmen. Wenn man bedenkt, dass die Macht eher bei den Gebern liegt und die Nehmer von der Gunst der Geber abhängig sind, wäre ein solcher Begriffstausch angezeigt. Weil wir damit aber viel zu viel Verwirrung auslösen würden, lassen wir es lieber bei den Unternehmen als Arbeitgeber und den Beschäftigten als Arbeitnehmer.
Und trotzdem müssen wir umdenken. Das, was ich in den letzten Newslettern mit «Good Work» beschrieben habe, wird uns als Thema begleiten in den nächsten Jahren. Auf dem HR Summit 2022 gab es das Motto «kollaborativ, risikofreudig, anti-slow». Dazu passt auch das heutige Schwerpunktthema «Remote Work». Wir haben gerade bei uns an der HWZ das Swiss Remote Working Competence Center gegründet. Es steht unter der Leitung von Lorenz Ramseyer, dem Präsidenten der digitalen Nomaden Schweiz.
Ein weiteres Highlight der vergangenen Woche war der Schweizer Vergütungstag in Luzern, den ZGP und HCM dieses Jahr schon zum neunten Mal durchgeführt haben. Es gab spannende Diskussionen über die Implementierung einer globalen Reward Strategie, über Parameter für Saläranpassungen und über die Entwicklung eines agilen Lohnsystems. Jemeima Christen wird darüber auch im HR Today berichten.
Am Ende des heutigen Newsletters gibt es noch einen Zwischenruf des Verhaltensökonomen Gerhard Fehr über Mythen beim Umgang mit verschiedenen Generationen. In einer Zeit, in der uns zahlreiche Expertinnen und Experten erklären wollen, wie wir mit der Generation Z umgehen sollen, bietet dieser Beitrag eine erfrischend andere Perspektive. Nicht überall, wo Gen Z draufsteht, ist auch Gen Z drin.
Viel Inspiration beim Lesen
Zukunft und Rolle des HRM
HR-Summit 2022: Welche neuen Wege Personaler jetzt gehen sollten
Ein interessanter Bericht vom HR-Summit 2022. Das Motto «kollaborativ, risikofreudig, anti-slow» zeigt recht gut auf, in welche Richtung es gehen könnte.
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Employer Branding
Employer Value Proposition entwickeln: Überzeugen Sie die richtigen Talente
Haben Sie schon eine Employer Value Proposition? Wenn nicht, empfehle ich Ihnen diesen interessanten Beitrag zu lesen.
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Remote Work
Über das Homeoffice hinaus: Remote-Arbeitskultur und digitale Nomaden
Ein interessanter Einblick in die Welt von Remote Work und digitalen Nomaden am Beispiel der Zürcher Firma Sherpany.
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Workations gut oder schlecht: 2 Digital Worker debattieren
Die Einführung von «Workations», eine Kombination aus Work und Vacation wird zur Zeit intensiv diskutiert. Hotelplan ist in der Schweiz eine der Vorreiterinnen. In diesem Beitrag werden Argumente dafür und dagegen geliefert.
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Work 10x Smarter With One Magic Word: Asynchronicity
Wir sind von Home-Office als «Notlösung» über Home-Office als Normalfall bis zu hybriden Arbeitsformen gekommen. Ein nächster Schritt, um den Nachteilen und Schwierigkeiten von Remote Work zu begegnen, könnte asynchrone Arbeit sein.
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Lohntransparenz
Macht eine Offenlegung des Lohns im Stelleninserat Sinn?
Seit dem 1. November müssen Arbeitgeber auch in New York den zu erwartenden Lohn der ausgeschriebenen Stelle bekanntgeben. In der Schweiz gibt es eine solche Pflicht (noch) nicht, aber erste Versuche von Unternehmen.
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Generationen
Ein Beitrag von Gerhard Fehr über die Mythen, die mit der Diskussion über die Generationenunterschiede verknüpft sind:
X, Y und Z-Generation, die Baby-Boomer, die 68er und die Millennials – bei der Benennung von Generationen kennt die Fantasie keine Grenzen. Doch die Scientific Community ist sich einig: Es gibt sie nicht. Bei den Lebenszielen und Wertvorstellungen der vermeintlichen Generationen sind keine signifikanten Unterschiede festzumachen.
Auf einer Tontafel der Sumerer wurde schon vor rund 3000 Jahren in Keilschrift eingemeißelt: „Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegtes Aussehen, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereitschaft und ist ablehnend gegen übernommene Werte.“ Der Konflikt der Generationen ist so alt wie die Menschheit, doch Generationenkonzepte boomen inflationär. Das reicht von der Generation X bis zur Z, über die Babyboomer und die 68-er bis hin zu den „Millennials“. Was dabei aber leider übersehen wird: Den Generationenbegriffen fehlt es am wissenschaftlichen Fundament. Darüber hinaus erhöht diese Kategorisierung erheblich die Risiken für Fehlentscheidungen im Management. Hier finden Sie fünf Mythen zu den Generationenunterschieden.
Mythos Nr. 1: Das soziologische Konzept der Generationen ist unumstritten
Soziologisch wurde der Begriff Generation vor allem durch K. Mannheim (1928) geprägt, der ihn als „die dynamische Kraft des Gruppenlebens“ definiert. Dabei ist eine Gruppe von Menschen, die gleichzeitig geboren wurde, nicht auch gleichzeitig eine Generation. Eine Generation muss durch verschiedene Ereignisse geprägt werden. Durch dieses gemeinsame Erleben bilden sich, so Mannheim, ähnliche „Werthaltungen, Orientierungen, Einstellungen und Verhaltensformen“ heraus. Es ist jedoch für Wissenschaftler schwierig bis unmöglich, Generationengruppen von jenen abzugrenzen, die sie geformt haben.
Mythos Nr. 2: Die zeitlichen Abstände sind klar definierbar
Wer nun zum Beispiel der Generation X zuzurechnen ist, ist nicht klar definiert. So beschreibt der Begriff heute meist die den Baby-Boomern folgende Generation und damit Menschen, die zwischen 1965 bis 1980 geboren wurden. Aber es gibt auch abweichende Positionen. Die US-amerikanischen Autoren William Strauss und Neil Howe zählen die Jahrgänge 1961 bis 1981 zur Generation X. Nachdem man den Forschungsgegenstand in vielen Studien zu diesem Thema nicht klar abgrenzen kann, hat das erhebliche konzeptionelle und auch rechnerische Auswirkungen auf die Untersuchung und das Verständnis von Generationen.
Mythos Nr. 3: Generationen lassen sich leicht erforschen
Bis heute gibt es kein Forschungsdesign, das Alters-, Perioden- und Kohorteneffekte voneinander trennen kann. Auch eine künstliche Einteilung von Altersgruppen in „Generationen“ trägt nicht dazu bei, das Problem der Vermischung von Alters-, Perioden- und Kohorteneffekten zu lösen. Hier können auch statistische Modelle nicht helfen, denn solange Alter, Zeitraum und Kohorte in zeitlichen Begriffen definiert werden, sind sie untrennbar miteinander verbunden. Die Sozialwissenschaft hat sich lange damit auseinandergesetzt, aber bis heute keine befriedigende Lösung dafür gefunden.
Mythos 4: Unterschiedliche Generationen am Arbeitsplatz müssen gemanaged werden
Nachdem in der Forschung keine Generationenunterschiede auszumachen sind, lassen sich Generationen am Arbeitsplatz auch nicht managen. Auch die Veränderungen des Arbeitslebens, wie etwa verstärktes Homeoffice oder eine ausgeprägtere Sehnsucht nach Work-Life-Balance, resultieren weniger aus einem Generationenunterschied als aus einer Veränderung der Rahmenbedingungen. War der Arbeitsmarkt vor 50 Jahren viel stärker von den Arbeitgebern geprägt, so hat eine Umkehrung der Bevölkerungspyramide dazu geführt, dass heute die Arbeitnehmer aufgrund des vorherrschenden Arbeitskräftemangels deutlich mehr Einfluss auf die Arbeitsbedingungen haben. Mehr Freizeit, höhere Löhne und eine bessere Arbeitsumgebung sind da nur selbstverständlich.
Mythos 5: Generationen zu kategorisieren hat keine Nebenwirkungen
Die Kategorisierung von Generationen ist ein riesiger „Trend“ für die Ratgeber- und Beraterindustrie. Auf Amazon finden sich heute zum Beispiel bereits über 100.000 Titel zum Thema „Generation Y“. Diesem faktenfreien „Trend“ wird auch vom Management von vielen Unternehmen eine große Aufmerksamkeit geschenkt. Generationenkonzepte bilden jedoch kein Ursache-Wirkungsprinzip in der wirtschaftlichen Realität ab, sondern geben eine gute, intuitiv und einfach wahrnehmbare, aber in der Regel falsche „Geschichte“ über Menschen wieder. Falsch getroffene Annahmen über Mitarbeitende und Kund:innen führen zu strategischen Plänen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Implementierung scheitern werden. Die Konsequenzen dieser „Business-Märchen“ sind schlechte strategische Entscheidungen. Es gilt daher, falsche Grundannahmen über die Bedürfnisse von Generationen zu vermeiden.
Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche!
Gerhard Fehr
Gründer, Partner & Delegierter des Verwaltungsrats
FehrAdvice & Partners AG, Zürich